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Meine Freundschaft mit Maria

Meine Freundschaft mit Maria

 

Wie sehnsüchtig schaute ich als Kind oft auf meine Freundin und ihre Familie. Bei mehreren Geschwistern war da immer etwas los, und wie beneidete ich sie um dieses quirlige und oft turbulente Leben. Ich selbst war ein Einzelkind und merkte schon bald, wie wichtig Freundschaften gerade für mich waren. 

Beziehungen zu anderen Kindern waren mir eben nicht gleichsam "mit in die Wiege" gelegt worden, ich musste sie mir „schaffen“, manchmal „erarbeiten“, auf jeden Fall aber offen sein für sie: Spielkameraden, Schulfreundinnen, Arbeitskolleginnen, neue Nachbarinnen, andere Mütter. Je nach Lebenssituation und dem Ort, wo es mich hinverschlug, wechselten meine Freundinnen oder sie begleiten mich noch heute, manche verschwanden, während andere unvermittelt in mein Leben traten – aber stets hatte ich mindestens eine "beste Freundin" zur Seite.

 

Daran änderte sich auch nichts, als ich meinen Mann kennenlernte und heiratete, als die Kinder hinzukamen und wir zur Familie wurden. Wir wurden zu einer eingeschworenen kleinen Gemeinschaft, aber die Freundschaft zu meinen Freundinnen blieb mir dabei immer wichtig. „Mit Frauen ist vieles einfach leichter“, sagte neulich eine in unserer Gruppe – und sprach uns allen aus der Seele. Frauen verstehen bestimmte Dinge („Frauensachen“ eben) einfach besser, sehen vieles anders als Männer, haben dieselben Erfahrungen im Leben gemacht wie wir selbst. Frauenfreundschaften, so könnte man vielleicht sagen, sind schlichtweg eine Abrundung unseres seelischen Gleichklangs.

 

Und doch – irgendwann kam ich an einen bestimmten Punkt in meinem Leben, da fehlte noch etwas, spirituelle Tiefe vielleicht; es ist schwer zu benennen. Genau an dieser Stelle trat nun eine neue Freundin in mein Leben, und wie das so oft ist, war sie eigentlich schon immer da, jedoch mehr im Hintergrund. Jetzt plötzlich trat sie in mein Blickfeld, aber eben nicht als eine Fremde, sondern als jemand, der einen schon sein ganzes Leben begleitet hat: Maria. Es war nur eine Frage des Sich-Öffnens gewesen, der Bereitschaft zu einer neuen intensiven Beziehung! Seither ist sie „die Frau an meiner Seite“, immer präsent, egal wo es mich hinverschlägt. Sie versteht meine Nöte und Probleme, hat selbst Leid erfahren, stand fest zu ihrer Familie. Ich teile mit ihr meine freudigen Momente und bitte sie bei Sorgen um Rat und Hilfe. Die Erfahrung, in solch einer starken Freundschaft geborgen und ohne "Wenn und Aber" angenommen zu sein, wirkt weiter: Sie stärkt unser eigenes Selbstbewusstsein und formt unser ganzes Sein. Sie wird zum Maßstab für die verschiedensten Beziehungen in unserem Leben.

 

Für mich ist „Maria Heimsuchung“ – die biblische Szene, in der Maria Elisabeth umarmt – das Symbol für eine innige Frauenfreundschaft geworden. Es begleitet mich in meinem Alltag und prägt auch alle meine anderen Freundschaften: Man versteht sich ohne viele Worte, ist – oft auch über große Entfernungen – miteinander verbunden, teilt Freude und Leid und ist für den anderen da.

 

Andrea Evers, www.zeitschrift-begegnung.de